Die Zukunft von Sunderns Wäldern

(von Holger Dreeskornfeld, Stadtförster)

Dem Wald in Sundern geht es nicht gut. Er leidet wie fast alle Wälder Deutschlands unter Borkenkäferbefall, heißen Sommern, Trockenheit und Stürmen. Allein bei der Stadt Sundern sind im Zeitraum von 2018-2021 auf 300 Hektar 50.000 Festmeter Fichte vernichtet worden, also ca. 2.000 Container-LKW. Dabei beträgt der Stadtwald in Sundern mit seinen 1027 Hektar nur 10 % der gesamten Waldfläche im Stadtgebiet. Das ist umso erschreckender, als Wald eigentlich unsere natürliche Vegetation darstellt. Und zwar nicht nur im baumreichen Sauerland.

„Wälder gehen den Menschen voran, Wüsten folgen ihnen“ (François-René Chateaubriand)

In Europa und um das Mittelmeer herum ist der Wald die sogenannte Klimagesellschaft. Das bedeutet, Wald würde ohne weiteres Zutun durch den Menschen entstehen und wachsen. Nur wenige Flächen wären unbewaldet (zum Beispiel Moore).
Viele Flächen, die uns heute weltweit typisch und natürlich erscheinen, sind das Ergebnis einer übermäßigen Nutzung des Waldes: die Highlands in Schottland, karge Berge rund ums Mittelmeer (siehe Winnetou), die Sahelzone und andere. Besonders der Schiffsbau (Armada, Venedig, England), aber auch der Vieheintrieb haben den Wald vernichtet. Viele Karst- und Wüstenflächen wären heute Wald, wenn die Menschen gehandelt hätten, wie in Mitteleuropa üblich. Krasses Beispiel in Sachen „menschengemachte Rodung“ ist aktuell Brasilien.

Die Fichte: Produkt einer bewegten Geschichte

Der Wald unterlag in seiner Geschichte verschiedenen Ansprüchen. So war es im Mittelalter die Feld-Wald-Wechselwirtschaft mit Niederwald und Bergbau. Mit der Entdeckung der Kohle im Ruhrgebiet gab es den Wandel zur Fichte für den Bau von Häusern in Dortmund und Stollen in Essen.
Die Fichte wurde zum elementaren Wirtschaftsfaktor. Deshalb ist sie auch mit staatlicher Förderung bis in die 70er Jahre gepflanzt worden. Bis heute ist sie ausschlaggebend für mehr als 600.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Wer sie einfach als ökologisch zweifelhaft verteufelt oder die von Kyrill und Borkenkäfer betroffenen Betriebe in ihrem Handeln für kurzsichtig hält, greift selbst zu kurz. Eine Waldgeneration benötigt circa 80 Jahre bis zur Reife. Bei der Pflanzung der betroffenen Bestände waren die Kenntnisse über die Vorteile des Mischwaldes noch nicht überzeugend.
Wald wird besonders gern erhalten, wenn er für uns Menschen von Nutzen ist. Was nicht in Frage steht: Der Wald bringt uns mehr Nutzen, ist elementar genauso wichtig, wie in den Jahrhunderten zuvor. Allein die Zielsetzungen der Nutzung haben sich geändert. Lagen in den letzten 300 Jahren die Messpunkte für Nachhaltigkeit im Bereich der Nutzholzmenge (v. Clausewitz), so sind heute die Nachhaltigkeit von Naturschutz und Erholung gleichberechtigt.
Gerade der Kommunalwald muss vielen Ansprüchen gerecht werden: den Ansprüchen der Freizeitnutzung, beim Spazierengehen, Bogensport, Radfahren, Waldbaden etc., ebenso wie denen des Naturschutzes, als Wasserspeicher, CO2-Binder, Artenschützer usw. Außerdem werden Bretter beim Bauen gebraucht und der Verbraucher hat festgestellt, dass auch Toilettenpapier Mangelware sein kann.

Mischwald: unser Wald der Zukunft

Es bedarf allerdings „ordentlicher“ Bemühungen, um einen nachhaltigen Nutzen zu erzielen. Fachkundige Aufforstung mit Mischwald, passend zum entsprechenden Standort, ist arbeitsintensiv. Fragt man bei den Altvorderen nach, mit welchen Mühen es ihnen gelungen ist, die Wüsteneien im Sauerland (wie Waldeshöhe, Alsenberg, Hetvert, Purrhagen etc.) aufzuforsten, erscheinen die heutigen Kosten allerdings recht gering. So wurde mir von Waldbauernkindern im Dorf berichtet, dass sie eine Pflanze, ein Eimerchen Erde und ein Eimerchen Wasser den Berg hochgetragen haben, um diese zu setzen.
Aufforstungen mit Mischwäldern sind heutzutage recht einfach und günstig umzusetzen. Die Kosten für die aktuellen Aufforstungen auf den Käferflächen im Stadtwald Sundern liegen bei ca. 0,5 Mio. Euro. „Unkräuter“ wie die Birke werden nicht nur toleriert, sondern auch gewünscht. Ziel sollte es sein, auf jeder Fläche mindestens 5 Baumarten zu haben. Irgendeine wird dann schon wachsen. Wenn wir Glück haben, alle. Welche Baumart heute und damit für die Zukunft die richtige ist, lässt sich nicht sagen. Die Fichte wird sicher an der neuen Waldgeneration beteiligt sein. Auch ist Nadelholz im Allgemeinen erwünscht. Natürlich unter einer deutlichen Beimischung von Laubholz.
Nach Landesforstgesetz haben der Landeswald und der Stadtwald Vorbildfunktion. Diese Vorbildfunktion wird in Sundern durch verschiedene Institutionen überwacht. So werden wir in 15 Jahren wieder durch ordentliche Wälder laufen. Diese werden sich in 30 Jahren auch wieder zur Holzgewinnung nutzen lassen. Bis dahin genießen wir die Ausblicke und unterstützen die Bemühungen zur neuen Anpflanzung.

O Täler weit, o Höhen,
o schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
andächt’ger Aufenthalt

(Joseph von Eichendorff)