Wird eigentlich „nach Corona“ alles wieder wie zuvor?

(von Klaus-Rainer Willeke)

Darüber sollten wir auch in Sundern nachdenken und sprechen. Meine These: Es wird nicht automatisch alles so wie vor der Corona-Krise sein.

Die lange Zeit der Pandemie hat vieles grundlegend verändert: 7-Jährige, die noch nie einen regelmäßigen Schulalltag kennen gelernt haben; Absolventen, die ihre Freude über das Erreichte nicht richtig feiern können; Chöre und Musikvereine, die seit über einem Jahr nicht proben; Hochzeiten ohne Hochzeitsfeier; Schützenhallen ohne Schützenfeste; Sportvereine ohne Training oder gar Wettbewerbe; Beerdigungen ohne Kirchgang; Restaurants und Hotels ohne Gäste; runde Geburtstage ohne Party; Urlaubszeiten ohne Ferienreise – die Liste der Corona-Folgen ist lang.

Die wirtschaftlichen Folgen (und damit auch die Konsequenzen für die Finanzen unserer Stadt) sind noch unabsehbar. Welche Branchen und Betriebe leiden besonders unter der Krise, welchen hat sie sogar genutzt? Werden wir es mit neuer zusätzlicher Arbeitslosigkeit zu tun haben? In welchem Maße schadet die Pandemie einer Vitalisierung der Innenstadt? Der Gesamtschaden ist noch nicht absehbar, aber in immenser Höhe zu befürchten.

Werden die Vereine, egal womit sie sich befassen, einfach so wieder loslegen können – oder werden sich die Aktiven an die wenigen Termine pro Woche gewöhnt haben und ein Leben ohne viele Proben- oder Trainingseinheiten vorziehen? Müssen Sporttreibende, Musizierende, Singende neu motiviert werden? Was ist mit Vereinen und deren Mitgliedern, die ganz vor dem Aus stehen, weil niemand mehr mitmacht oder die finanzielle Lage ganz schwierig geworden ist?

Die Abstands- und Hygieneregeln – werden die bald einfach überflüssig sein oder unsere Konzerte, Feste und Zusammentreffen noch länger prägen?
Wer baut Osterfeuer, veranstaltet Konzerte, führt Prozessionen durch, wenn die Lage nicht stabil ist? Und wie viel Wissen, zum Beispiel zum Brauchtum, geht verloren, weil es über längere Zeit nicht angewandt wurde?
Wie werden wir nach der Krise arbeiten? Weiterhin oftmals im Homeoffice oder wieder so wie vor dem März 2020?

Zwei Dinge sollten wir bei unseren Überlegungen auf jeden Fall berücksichtigen:


In jeder Krise stecken Chancen.

Wie selten zuvor haben wir gemerkt, dass es auf alle ankommt und dass jede und jeder was bewirken kann. Uns voneinander fern zu halten, entspricht nicht dem menschlichen Bedürfnis nach Nähe und Austausch. Wir haben gemerkt, dass wir uns und die Gemeinschaft brauchen. Da sollten wir weitermachen und Egoismen ablegen. Aber auch ganz bewusst einander zuhören, unterschiedliche Ansichten respektieren, nach Gemeinsamkeiten und möglichen Kompromissen suchen.

Wir haben auch bemerkt, wie wichtig ein gesundes Leben ist. Auch da können wir alle neue Akzente setzen. Wir werden bei weiteren Krisen, allen voran der Klimakrise, wieder jede und jeden brauchen und zusammenhalten müssen. Sonst werden wir diese Krisen nicht bewältigen – mit unabsehbaren Folgen.


Wir brauchen in vielen Lebensbereichen einen bewussten Neustart.

Was heißt das? Ich kann mir vorstellen, dass Vereine Zukunftsworkshops veranstalten, die Stadt – als Zeichen des Aufbruchs - ein Fest des Wiedersehens für alle macht.

Neustart kann aber auch bedeuten, dass man Sachen nicht mehr organisiert, die vielleicht nur noch aus einem diffusen Pflichtgefühl gemacht wurden. Stattdessen aber Energie dafür aufwendet, vielfältige Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen und auch die zu erreichen, die besondere Ansprache, Angebote und Unterstützung benötigen. Diese Mitmenschen sollten wir alle im Blick behalten und unsere Hilfe anbieten, wo immer es möglich und nötig ist.

Wir sollten bewusst in vielen Lebenslagen den Neustart planen. Für diesen wird es keinen Stichtag geben. Dieser wird bei jedem und jeder von uns ganz anders aussehen. Bei dem einen ist es der erste Einkaufbummel und bei den anderen die nachgeholte Hochzeitsfeier oder das erste gemeinsame Grillen mit Freundinnen und Freunden und Nachbarn. Wir werden alle für einen gelungen Neustart kreativ sein mitarbeiten müssen – so können wir die Chancen aus der Krise nutzen.