59% - oder: Gedanken zu einer lebendigen Dorfentwicklung

(von Klaus-Rainer Willeke)

In den Ortschaften und Dörfern Sunderns leben rund 59 % aller Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt. Grund genug, sich mit der Entwicklung der Dörfer und Ortschaften näher zu befassen. Sie brauchen eine gute Zukunft und dürfen keine „Schlafdörfer“ werden.


Weniger, bunter, älter

In unseren Dörfern leben zunehmend weniger Menschen. Besonders nach dem Schulabschluss verlassen viele ihr Dorf. Manchmal gibt es nach einigen Jahren einen Weg zurück, oftmals nicht. Der Altersdurchschnitt steigt, da weniger Kinder geboren und die Menschen älter werden. Die Lebensformen auch in den Dörfern werden bunter: Paare ohne Trauschein, Patchwork-Familien, Wohngemeinschaften, Single-Haushalte, Menschen verschiedener Herkunftsländer. Es gibt alles, wenn auch nicht so oft wie in den Städten.
 

Ein Dorf ist mehr als die Ansammlung einer überschaubaren Anzahl von Gebäuden

Was macht heute ein lebendiges Dorf aus? Gute Nachbarschaft, Vereinsleben, Hilfsbereitschaft, ein Dorfmittelpunkt als Treffpunkt, Traditionen und Feste, Natur ganz nah, ein Kindergarten oder eine Grundschule, ein von vielen genutzter Sportplatz, die Schützenhalle als Veranstaltungsort, eine Bäckerei oder ein Lebensmittelladen, das gemeinsame Osterfeuer, die Kirche, der Dorftratsch und eine ausgeprägte Identifikation von Jung und Alt mit dem eigenen Dorf.
 

Was macht Dörfer zukünftig spannend für Jung und Alt?

Alles Genannte. Aber hinzu kommen: altersgerechte Wohnmöglichkeiten, medizinische Versorgung und moderne Arbeitsplätze für Frauen und Männer in erreichbarer Nähe, die Dorf-WhatsApp-Gruppe und die Homepage mit Nutzer-App, die Nahversorgung mit Lebensmitteln (gerne bio!), eine Willkommenskultur gegenüber Neubürgerinnen und Neubürgern, E-Ladestationen und Car-Sharing, ein verbesserter ÖPNV, sehr schnelles Internet, der digitale Dorfmittelpunkt, Kooperationen zwischen den Vereinen in benachbarten Ortschaften, Aktionsorte, wie z.B. ein Beach-Volleyball-Platz, Kindertageseinrichtungen, schicke Restaurants in erreichbarer Nähe und natürlich eine Anbindung per Radweg.

Ein lebendiges Dorf ist immer ein Gemeinschaftsprodukt

All das kann niemand per Knopfdruck herstellen. Das erfordert einen gemeinsamen Plan – zumindest einen roten Faden. Das erfordert Absprachen, Arbeitsteilung und Eigeninitiative. Hilfreich ist die Unterstützung der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung; besonders hilfreich ist es, wenn Förderprogramme bekannt sind und auch Einzelne persönlich investieren: in Wohnraum, in Nahversorgung, in Mobilität.
Gemeinschaft hört an Dorfgrenzen nicht auf. Kein Dorf ist eine Insel. Zusammen mit den Nachbardörfern können Schwerpunkte gesetzt und Kooperationen vereinbart werden. Wer kümmert sich um den Radweg, den Gesangverein, die Internetverbindung? Was benötigen zwei Dörfer nicht zweimal, sondern einmal?
So ein Dorf hat Zukunft!
Dörfer, die sich um diese Themen nicht kümmern, haben wahrscheinlich keine. Das ist so einfach wie brutal. Aber es gibt viele gute Gründe, sich um die Zukunft unserer Dörfer zu kümmern. Und viele in ganz Sundern haben damit bereits begonnen.